August-Bebel-Straße 5, damals Nr. 19
Hier wohnte | Alter
im Jahr 1933 |
Schicksal | Bemerkungen |
---|---|---|---|
Jakob Marx; geb. 2.11.1883 |
50 | 1935 Flucht nach Frankreich; 1940 Deportation nach Gurs, dann nach Auschwitz; dort ermordet 17.8.1942 | Jakob ist der Halbbruder von Gedenkblatt für Jakob in Yad Vaschem |
Sophie Marx, geb. Mai geb. 11.7.1888 |
45 | Flucht in die USA | Ehefrau von Jakob |
Margot Marx; |
20 | Flucht in die USA | Tochter von Jakob und Sophie; seit 1938 verh. mit Willy Kasel (gest. 1983) |
Firmenanzeige und Eintrag im Adressbuch von 1925:
Die Geburt des späteren Kaufmanns Jakob Marx (hebräisch Hacibm Slomon) zeigte sein Vater Marx Marx am 10. 11. 1883 beim Standesamt Gross-Gerau an. Er heiratete am 22. Februar 1912 in Friedberg, „der Persönlichkeit nach durch den Zeugen Isenburger bekannt“, geboren am 2. 11. 1883 zu Groß-Gerau und wohnhaft in Groß-Gerau, Sohn des Fruchthändlers Marx Marx und seiner Ehefrau Amalie, geb. Fuchs, beide verstorben und zuletzt wohnhaft in Groß-Gerau, die Sophie Mai, ohne Beruf, geb. am 11. 7. 1888 in Friedberg, Tochter des Fruchthändlers Issak Mai und seiner Ehefrau Mathilde, geb. Isenburger." Heiratsurkunde hier Genealogie der Familien Isenburger-Mai hier Das Aufgebotsregister vermerkt auf dem rechten Rand, dass Jakob am 17. 8. 1942 in Auschwitz umkam, so die Eintragung des Sonderstandesamts Arolsen, Abteilung Auschwitz 3485 von 1962, ausgefertigt am 24. 1. 1991. Im Stammbaum der Familie Marx ist Jakob Marx der Halbbruder von Salomon und Emil Marx. Anders als die beiden Futtermittelhändler Salomon in der Frankfurter Straße und Emil, Am Sandböhl 8, besaß er mit seinem Lederwaren- und Schuhmacherbedarfsgeschäft kein eigenes Haus, sondern wohnte und arbeitete mit drei Personen in der August-Bebel-Straße 19, heute Nr. 5. Jakob hatte aus der Ehe mit Sophie eine Tochter Margot, geb. am 17. 7. 1913 (nach anderer Quelle auch am 17. 7. 1912). Sie besuchte in den 20er Jahren die Merckschule in Darmstadt. Das Gerauer Adressbuch 1925-1926 verzeichnet die Firma Jakob Marx als Lederhändler- u. Schuhmacherbedarf August Bebel-Str. 19. Die Firmenwerbung weist auf „am Bahnhof“ hin. Ähnlich belegen die Archivakten im HStA Darmstadt die Schuhfabrik Jakob Marx für die Zeit 1930-1935 (HStAD G28. GG R 187), die Lederhandlung 1904-1957 (HStAD G 28 GG R 106). Seine Ausbürgerung in die Staatenlosigkeit ist im Reichsanzeiger – Liste III 1933-45 , Liste 236/240 festgehalten. Laut Melderegister in Gross-Gerau wurden zwei Mitglieder der Familie Jakob Marx am 13. 4. 1939 nach Mannheim abgemeldet, davon eine Person nach Frankreich. Der Firmeninhaber selbst soll schon 1935 nach Frankreich ausgewandert sein, und er lebte dort, wie mehrere seiner Ansichtskarten an seinen Neffen Martin Marx in Gross-Gerau belegen, bis zu seiner Deportation am 22. 10. 1940 nach Gurs und von dort weiter nach Auschwitz. Es war der Transport 12 von Drancy nach Auschwitz am 29/07/1942. Quelle dieser Informationen: Liste von Deportierten aus Frankreich, Le mémorial de la déportation des Juifs de France, Serge und Beate Klarsfeld, Paris 1978. Vgl auch BAGG; Informationen: List of victims from Auschwitz, Auschwitz Death Registers, The State Museum Auschwitz-Birkenau, Seite 21647/1942. In den Gedenkblättern von Yad Vashem ist sein Tod in der Shoa doppelt bezeugt. Einmal durch seine Ehefrau Sophie, geb. Mai, mit falschem Geburtsjahr und einmal korrekt. Im Gedenkbuch des Bundesarchivs ist als Wohnort vor der Flucht nach Frankreich und der Deportation Mannheim genannt: Jakob Marx geboren am 02. November 1883 in Groß-Gerau Diese Ansichtskarte aus Paris von 1935 deutet den künftigen Fluchtweg an, zeugt aber noch von unbeschwerten Zeiten: (die Karte ist beidseitig abrufbar) Ansichtskarte Paris La Gare du Nord 11. 6. 1934 Dass die Familie Marx vorhatte, die Flucht in die USA anzutreten, erfahren wir aus einem längeren Brief, den Sophie Marx 1941 an den seit 1936 in Chicago lebenden Martin Marx richtete. Ihre Tochter Margot war die Cousine von Martin Marx und wie mit ihm auch mit Karl Kahn, dem Sohn der Kaufhausbesitzer, eng befreundet. Sie hatten den Ersten Weltkrieg als Kinder und die krisengeschüttelte Weimarer Republik als Jugendliche erlebt und werden sich darüber gewundert haben, wie sich nach 1933 die Straßennamen in Groß-Gerau veränderten: Die Familie Jakob Marx wohnte dann bis zur Flucht in der Peter-Gemeinder-Straße, früher August-Bebel-Straße. Die Flucht war sowohl der Ehefrau Sophie, geb. Mai, als auch ihrer seit 1938 mit Willy Kasel verheirateten Tochter Margot und deren Ehemann gelungen, nicht aber Jakob. Von Jakob, Sophie und Margot existieren Fotos in der Sammlung, die der Enkel von Martin Marx, Ben Ewing, Seattle, unter „lieber Martin.com“ ins Netz gestellt hat, darunter auch ihre Kurzbiographien. Die Cousine von Martin, Margot (Marx) Kasel, ist zusammen mit Willy Kasel, den sie wahrscheinlich in Paris kennen gelernt hatte, im November 1941 aus Marseille über Lissabon nach New York emigriert, später von dort nach Chicago und Philadelphia. Sie starb im Alter von 38 Jahren durch einen Verkehrsunfall am 5. 6. 1951, wie ihre Todesanzeige im Aufbau mitteilt, während die Anzeige über den Tod ihres Ehemanns Willy Kasel von 1983 datiert. Über die Hoffnungen, Enttäuschungen und die Freude, mit früheren Verwandten aus Gross-Gerau Kontakt in den USA aufnehmen zu können gibt uns folgender Brief von Sophie Marx mit einem Anhang von Margot Auskunft: Von Sophie Marx an Martin Marx
4736 S Woodlawn Chicago Ill Mein lieber Martin, P.S. |