Frankfurter Straße 21 (früher Nr. 23)

Hier wohnte Alter im
Jahr 1933
Schicksal Bemerkungen
Ferdinand Marxsohn
geb. 24.5.1869
64 deportiert 23.9.1942 nach Theresienstadt;
ermordet 16.1.1943
Todesfallanzeige

Sohn von Lazarus und Rosalie und Neffe von Baruch (s. unten); Mitbesitzer der Union Brauerei; verh. mit Alice; Bruder von Ludwig Marxsohn, wohnhaft im rechten Nachbarhaus Nr. 19

1936 unfreiwillig verzogen nach FFM, Grüneburgweg 118; später DA, Weyprechtstr. 16; dort wurde für ihn ein Stolperstein verlegt.

Alice Marxsohn
geb. Mayer
geb. 3.3.1876
gest. 5.12.1937
in Frankfurt/M
57 verstorben 1. Ehefrau von Ferdinand, Heirat am 24.5.1899 in GG
Else Rosalie Marxsohn,
geb. 18.8.1900
33 Flucht nach Birmingham Tochter von Ferdinand und Alice; Heirat in der Synagoge GG mit Regierungsrat Dr. Alfred Berthold Wolff, geb. 12.2. 1890 in DA (stellvertr. Kreisdirektor)
Jenny Marxsohn,
geb. 4.7.1872 GG
61 deportiert 1942 nach Theresienstadt, 20.4.1944 ermordet

3. Tochter von Baruch und Karoline (s. unten);
Nach ihrer Heirat 1896 zog sie zu ihrem Mann Abraham August Wallach nach Mainz; für Jenny, Abraham und deren Kinder wurden in Mainz Stolpersteine verlegt.
Heiratsurkunde vom 22.7.1896 GG

Helene Marxsohn,
geb. Hauser
geb. 2.12.1900 in Beerfelden
33 deportiert 23.9.1942 nach Theresienstadt; 29.1.1943 in Auschwitz ermordet

2. Ehefrau von Ferdinand, Heirat Juli 1940 in DA;

Unfreiwillig verzogen nach DA, Weyprechtstr. 16; dort wurde für sie ein Stolperstein verlegt.

Zur Verdeutlichung der Genealogie der Marxsohn-Familie dient die folgende Übersicht:
Salomon Marxsohn
aus Königstätten
    siehe Bauplan für das Anwesen in der Frankfurter Straße aus dem Jahr 1872
Baruch Marxsohn,
geb. 15.10.1831
gest. 10.3.1913
    1. Sohn von Salomon;
Grab auf dem jüd. Friedhof B3/27
Karoline Marxsohn
geb. Löwenstein
geb. 28.2.1835
gest. 21.7.1906
    Ehefrau von Baruch;
Grab auf dem jüd. Friedhof B2/27
Johanna Marxsohn
geb. 3.6.1860 GG
73   1. Tochter von Baruch und Karoline;
Heirat in GG am 30.11.1880 mit Rudolph Ehrmann, geb. 20.2.1851, in den Raum Friedberg/Steinfurth
Ida Marxsohn
geb. 3.4.1867
66   2. Tochter von Baruch und Karoline; Heirat in GG am 20.11.1887 mit Markus Walter, geb. 5.7.1858, aus Altenburg
Albert Marxsohn
geb. 9.2.1864
gest. 23.12.1929
    Sohn von Baruch und Karoline
Grab auf dem jüd. Friedhof C2/3
Simon Marxsohn
geb. 30.4.1836
gest. 22.5.1904
    2. Sohn von Salomon;
Grab auf dem jüd. Friedhof B2/6
Jeanette Marxsohn
geb. Adler
geb. 22.6.1837
gest. 27.1.1916
    Ehefrau von Simon;
Grab auf dem jüd. Friedhof B4/15

Lazarus Marxsohn,
geb. 26.6.1839
gest. 27.10.1907

    3. Sohn von Salomon;
Grab auf dem jüd. Friedhof B4/3
Rosalie Marxsohn,
geb. Adler
geb. 15.2.1843
gest. 20.2.1892
    Ehefrau von Lazarus;
Grab auf dem jüd. Friedhof A6/86
Lina Marxsohn
geb. 17.1.1874 GG
gest. Nov. 1948 NY
59 Flucht in die USA

Tochter von Lazarus und Rosalie;
Heirat in FFM am 7.9.1894 mit Julius Bier, geb. 2.9.1868 FFM; Die Gebrüder Bier führten eine große Berliner Brauerei;
Lina erklärte 1927 ihren Austritt aus der jüdischen Gemeinde Berlin.

Todesanzeige für "Frau Julius M. Bier"
(= Lina) 1948 im Aufbau:

Laura Marxsohn,
geb. Lehmann
geb. 30.5.1874 Marktbreit
gest. 19.12.1938 München
59  

Ehefrau von Albert; Heirat am 24.5.1893 in Darmstadt; sie starb im Dez. 1938 in München durch Suizid;

Paul Marxsohn,
geb. 17. 6. 1895 in GG
im 1.WK am 1. 8. 1916 bei Verdun gefallen
    1. Sohn von Albert und Laura Marxsohn
Ernst Marxsohn
geb. 8.2.1897 in GG
gest. 16.11.1926 durch einen Unglücksfall in Köln
    2. Sohn von Albert und Laura Marxsohn

Historische Fotogalerie Marxsohn

Recherchen ergaben folgende Informationen über die Menschen und die Häuser, in denen sie wohnten:

Marxsohn heißt eine alteingesessene Bier-Brauerfamilie aus Königstädten: Das Staatsarchiv in Darmstadt dokumentiert für die Königstädter Marxsohns Auswanderungslisten von 1871 bis 1936.

Baruch Marxsohn, verheiratet mit Karoline, geb. Löwenstein und ein Bruder des jüngeren Simon, gehört noch fast ganz ins 19. Jahrhundert: Geboren am 15. 10. 1831 und gestorben am 10. 3. 1913, ist sein Grab unter B3/27 auf dem Jüdischen Friedhof in Groß-Gerau zu finden. Seine Frau Karoline starb sieben Jahre vor ihm am 21. 7. 1906 und ist ebenfalls dort begraben (B 2/27). Sicher ist er es, der noch die Eintragungen im Grundbuch des großherzoglichen Amtsgerichts von 1891 beantragte.

„Am 29. 10. 1868 meldete Baruch Marxsohn aus Königstädten einen Betrieb als Bierbrauer an. Daß es sich nicht um eines der zur damaligen Zeit auch in Groß-Gerau schon bestehenden Brauhäuser handelte, die meistens für den Bedarf der dazugehörigen Wirtschaft produzierten, geht schon aus der Anmeldung hervor. Im Gewerbebuch der Stadt befindet sich folgender Eintrag: ‚Baruch Marxsohn, Bierbrauer, welcher mehr als 500 Ohm braut‘. Ohm…war damals ein Flüssigkeitsmaß und beinhaltete zwischen 134 und 174,75 Liter…Nach diesem Gewerbebuch ist jedoch die zur Brauerei gehörende Mälzerei fünf Jahre älter. Bereits am 22. 10. 1863 hatte Baruch Marxsohn ein Gewerbe als Malzbereiter und Malzhändler angemeldet…“. (Spuren der Groß-Gerauer Arbeiterbewegung, hg. vom DGB-Ortskartell, zitiert bei A. Schleindl, Verschwundene Nachbarn 1990, S. 118)

Der jüngere Bruder Simon Marxsohn, geboren am 30.4. 1836 in Königstädten, gestorben am 22. 5. 1904, beerdigt auf dem jüdischen Friedhof (B 2/6) war verheiratet mit Jeanette, geb. Adler, ihre Lebensdaten: 24. 6. 1837 bis 20. 1. 1916. Auch sie liegt auf dem Jüdischen Friedhof (B4/15) begraben wie ihr liebevoll so genannter „Simcha“. Als Witwe seit 1904 war sie „Brauereiteilhaberin. Ob ein Simon auch der Vater beider, Baruchs und Simons war, muss offen bleiben.

Der Sohn von Karoline und Baruch war Albert, der am 9. 2. 1864 in Groß-Grau zur Welt kam und am 23. 12. 1929  im Jahr der großen Wirtschaftskrise starb. Das dritte Grab (C2/3 gehört ihm auf dem Jüdischen Friedhof. Seine Frau Laura, geb. Lehmann, erklärt schriftlich anlässlich einer Hypothekenbestellung, „dass die Ehefrau des Albert Marxsohn…für die Frauen des Baruch und Simon Marxsohn mit ihrem eigenen Vermögen für die Rückzahlung von 120.000 M haftet.

Der Vorfahr Salomon aus Königstädten, Brauereibesitzer in der Fahrgasse 3, wie damals die Frankfurter Straße hieß, hatte noch einen dritten Sohn, Lazarus Marxsohn. Er war mit Rosalie, geb. Adler verheiratet. Seine Daten sind ebenfalls durch den Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof Groß-Geraus gesichert: Danach lebte er vom 26. 6. 1839 bis zum 27. 10. 1907 (B/43). Rosalie= Resle, geb. Adler, war vier Jahre  jünger als Lazarus (=Elieser) und hatte am 15. 2. 1843 das Licht der Welt erblickt. Ihr Todesjahr an einem 20. 2. ? ist auf ihrem Grabstein unleserlich geworden (Grab A 6/86).

Es gehört augenscheinlich zur Familientradition, dass zwei Brüder oder Vettern (?) wie Baruch und Lazarus sich in die Leitung der Brauerei teilen. Denn auch in der folgenden Generation sind es Brüder die für die Expansion der Brauerei verantwortlich sind: Sie wohnen in stattlichen Häusern nebeneinander, mitten in der Frankfurter Straße.

Ferdinand Marxsohn, geb. am 24. 5. 1869 in Groß-Gerau, residiert in der Frankfurter Straße 23. Er ist im Adressbuch von 1905 neben Albert als Brauereibesitzer verzeichnet. Wir nehmen an, dass auch er ein Sohn von Lazarus und Rosalie ist, also ein Bruder Alberts, fünf Jahre älter als dieser. Ferdinand, der uns auch als Eintreiber von Schulden etwa der Witwe Peter Petermanns und Gastwirtin bekannt ist, heiratet in erster Ehe Alice Maxsohn, geb. Mayer, und ehelicht nach deren Tod als zweite Frau Helene, geb. Hauser. Alice blieb die Verfolgung weitgehend erspart. Sie zog am 25. 8. 1936 mit nach Frankfurt in den Grüneburgweg 118, wo sie ein Jahr später verstarb. Die Abmeldung aus Groß-Gerau ist in der Kartei der Gendarmerie Groß-Gerau vermerkt. Zusammen mit Alice hatte Ferdinand eine Tochter: Else Marxsohn, geboren am 18. 8. 1900. Sie wird als Erbin überleben und in Birmingham mit Alfred, Berthold Wolf verheiratet sein.

1917 handelt er als Vormund der minderjährigen Klara Mayer in der Nachlassregelung nach Lazarus Mayer und Babette, geb. Hirsch.

Ferdinand und seine Familie trifft die antisemitische Vernichtungspolitik voll: Aus dem Erkerhaus in der Frankfurter Straße 23 vertrieben, zieht er zunächst 1936 nach Frankfurt in den Grüneburgweg 118, danach wohnt er kurzzeitig in Darmstadt, in der Heinrichstraße 3. Nach einem Freiheitsentzug vom 19. 8. 1941 bis 13. 9. 1942 wird er am 27. 9. 1942 von Darmstadt aus ins Ghetto nach Theresienstadt deportiert. Wer im Alter von 72 Jahren dorthin verschleppt wurde, hatte vorher einen sogenannten „Heimeinkaufsvertrag“ abzuschließen und zu finanzieren, der ihm vorgaukelte, dass er damit seinen Aufenthalt in einem Altersheim bestritt. Er starb in Theresienstadt laut Wiedergutmachungsakten des Hessischen Hauptstaatsarchivs in Wiesbaden am 30. 9. 1942, nach anderer Quelle am 17. 1. 1943. Noch am 25. 5. 1965 kann das Comité international de la Croix Rouge keine Sterbeurkunde veranlassen, da der Todesnachweis noch nicht vorliegt!

Seine 2. Ehefrau Helene, geb. Hauser, wurde ebenfalls deportiert. Im Staatsarchiv Darmstadt (Amtsgericht Darmstadt H14) findet sich die amtliche Todeserklärung für ihn und seine Ehefrau. Die letzte Wohnung in Darmstadt lag in der Weyprechtstraße 16, einem sogenannten "Judenhaus", in das nach Enteignung zwangsweise einquartiert wurde. In den Adressbüchern von 1930 bis 1935 war für dieses Haus der Fabrikant Ernst Bessunger als Eigentümer eingetragen. Im Adressbuch 1942 ist als Eigentümer Bessunger, Ernst, Fabrikant eingetragen und als BewohnerInnen: Delp, Anni, Geigenlehrerin, Ernst, Heinrich, Ehefr., Buchhalterin, Marxsohn, Ferd., Brauereidirektor a. D. Vor diesem Haus liegen für Ferdinand und Helene Marxsohn Stolpersteine.

Im Hessischen Staatsarchiv Wiesbaden sind folgende Unterlagen über Ludwig und Ferdinand und Walter Marxsohn einzusehen (Walter ist der Sohn von Ludwig):

Steuerangelegenheiten des Ferdinand Marxsohn in Groß-Gerau 1936-1937 (2409);
ein Prozess gegen Ferdinand. Marxsohn wegen einer Forderung 1937-1938 (1345);
eine Auseinandersetzung zwischen den Brüdern Marxsohn, Ludwig und Ferdinand (1477);
eine Vermögenssteuerangelegenheit des Walter Marxsohn, zuletzt in Davos, Schweiz 1937-1939 (1370); die Betreibung einer Honorarforderung der Rechtsanwälte Mainzer und Wolf in Darmstadt gegen Ferdinand Marxsohn 1937-1939. Zu Rechtsanwalt Mainzer und auch zu dessen Beziehung zu Marxsohn vgl. diesen Beitrag in Wikipedia.

Im Wiedergutmachungsverfahren meldet als Erbin die Tochter Ferdinands und Alices, Else Rosalie Wolff, geb. Marxsohn, geb. 18.8. 1900 in Groß-Gerau, „jetzt“ Birmingham, England, verheiratet mit Regnot Alfred Berthold Wolff, geb. 12. 2. 1890 in Darmstadt, Anspruch auf Rückerstattung an. Else war 1911 Mitschülerin von Hans Diehl in der Höheren Bürgerschule und später verheiratet mit Regierungsrat Dr. Wolff, stellvertretender Kreisdirektor in Groß-Gerau. Die Hochzeit fand in der Groß-Gerauer Synagoge statt.

Das Hessische Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAWI Nr. 21344) lässt die Rückerstattungssache und Erbangelegenheit auf Else Rosalie Wolff nach Ferdinand Marxsohn, laut Entscheidungen 1961/62 rekonstruieren: Es geht um 4200 RM „wegen Judenvermögensabgabe (JUVA) (Unionbrauerei) und 5039 RM wegen Heimeinkaufvertrag. Mehrere Verhandlungen beziehen sich 1963 wegen der Rückerstattungssache des Landes Hessen zusammen mit Else Rosalie Wolff gegen das Deutsche Reich. Der nächste Teilbeschluss vom 15. 3. 1963 sieht vor: Die Antragsteller erhalten 33.610,48 DM, davon entfallen 28.937,99 DM auf Else Rosalie Wolf. Am 31. 1. 1964 erfolgt Beschluss in Sachen Hessen und Wolff gegen das Deutsche Reich: Entschädigung von 5500 DM, davon fallen 3695, 19 DM dem Land Hessen zu und 1904,19 DM der Erbin Wolff.

Augenscheinlich ist keine Einigung über den Wert der Wertpapiere des Opfers von Theresienstadt, die 1942 veräußert wurden, von den Finanzbehörden festgestellt worden, so dass die Entschädigungen dafür eher gering blieben.

In der Rückerstattungssache Walter Marxsohn (HHStA WI DA 399 23. 4. 1949) gegen Willy Kaus und Willi Orschler geht es um:

Frankfurter Str. 90 Brewery, Frankfurter Str. 23 melting building,, Frankfurter Str. 21dwelling house, Frankfurter Str. 92 dwelling house, Frankfurter Str. 93 dwelling house, Frankfurter Str. 23 dwelling house, Darmstädter Str. 131, Schöneckenstr. 2, Darmstadt Mühlstraße 5 und weitere Häuser in Darmstadt, Griesheim, Oberroden, Langen mit vollständiger Vermögensliste. Balance ( = Bilanzsumme) zum 30. 9. 1945: 951.716,09 RM; das Rückerstattungsverfahren ist eröffnet seit dem 2. 9. 1949. Am 11. 10. 1949 endet es in einem Vergleich mit der Tochter von Ferdinand  Marxsohn, Frau Else Wolf, Birmingham.

Die Geschichte spiegelt sich im Grundbuch Groß-Gerau so: Gründung der Firma Union-Brauerei am 9.1. 1897 als Gesellschafter treten auf: Baruch, Simon, Ferdinand, Ludwig, Albert Marxsohn, alle in Groß-Gerau. Seit 4. 7. 1904 sind Ferdinand und Ludwig alleinige Geschäftsführer; zwangsweise ausgeschieden am 6. 5. 1936; ihre Nachfolger sind Willy Kaus und Willi Orschler. Seit 27. 2. 1937 ist Orschler alleiniger Geschäftsführer und wandelt die Firma um (11. 1. 1938).

Am 18. 2. 1938 (Bd. VIII, Bl. 665) wird auf der Basis des Einheitswerts von 270.390 M die Unwandlung der Unionbrauerei mbH auf Willy Kaus und Willi Orschler oHG in Groß-Gerau auf Grund des Umwandlungsgesetzes vom 5. 7. 1934 vollzogen. Zum 26. 7. 1943 findet sich der Eintrag, dass Wilhelm Orschler an der Schimowo-Ostfront fiel und dass seine Witwe Brunhilde, geb. Greve Groß-Gerau Frankfurter Straße. 21, zu ¼ Erbin ist und ebenfalls sein Sohn Dieter Orschler, geb. 2. 1. 1929, Frankfurter Straße 21.

Die alliierte Militärregierung bestellt am 24. 8. 1946 Karl Heinrich Osterberg, Dornheim, zum Treuhänder wegen des Antrags auf Rückerstattung. Die Tochter von Ludwig und Lina Marxsohn, Trude Lilienfeld, geb. Marxsohn, erteilt ihrem Bruder Walter Marxsohn, NewYork, Vollmacht aus dem Nachlass ihres Vaters Ludwig.

Nach Art. 62 Rückerstattungsgesetz liegen Erbscheine vor auf Walter Marxsohn USA, auf Lina Marxsohn, geb. Schlössinger, NewYork, und Lin(d)a, Gertrude Lilienfeld, geb. Marxsohn, NewYork, auf Else Wolf, geb. Marxsohn, Birmingham, um ihre Ansprüche gegen Kaus / Orschler in einer Vergleichsvereinbarung 160.000 DM + 105.000 DM in Raten zu 15.000 (24. 1. 1950) geltend zu machen.

Zum 21. 4. 1950 liegt dem Amt für Vermögenskontrolle in Darmstadt eine eidesstattliche Erklärung vor, wonach Ferdinand Marxsohn zuletzt in Darmstadt wohnte, am 23. 9. 1942 nach Theresienstadt verbracht wurde und zweimal verheiratet war: in erster Ehe mit Alice Marxsohn, geb. Mayer, geb. 25. 8. 1927 in GG, gest. 5. 12. 1937 in Frankfurt. Alleinerbin aus dieser Ehe ist das Kind Else Marxsohn, Birmingham, geb. 18. 8. 1900 in Groß-Gerau.

Die zweite Ehe mit Helene Marxsohn, geb. Hauser, blieb kinderlos, beide wurden am 23. 9. 1942 „nach Osten“ deportiert.

Die Rückerstattungsforderung bezieht sich auf den Kaufvertrag über die Union Brauerei von 1936 mit W. Kaus. Später, am 29. 10. 1965, macht Brunhilde Orschler als Witwe nach W. Orschler in Bezug auf das Verfahren Kriegssachschäden an der Frankfurter Str. 21 über den Landkreis Groß-Gerau gegen die Höhe der vereinbarten Vergleichssumme geltend.

HHStA WI Nr. 399 Walter Marxsohn, Rückerstattungsantrag:

Die Brauerei und Mälzerei wurde mit Kaufvertrag vom 27. 4. 1936 für 380.000 RM zwischen Ludwig und Ferdinand Marxsohn und W. Kaus verhandelt. Am 20. 12. 1948 verlangen die Nacherben Rückerstattung „in Natur“. Der Erbanspruch wird angemeldet durch Else Wolff, geb. Marxsohn, Birmingham, für den Verfolgten Ferdinand. Marxsohn gegen Willy Kaus, Glashütten, und Willy Orschler, Groß-Gerau, Frankfurter Str. 23. Am 24. 1. 1950 vereinbaren Walter Marxsohn, New York, Gertrude Lilienfeld, geb. Marxsohn, NewYork, und Else Wolff, geb. Marxsohn, Birmingham, einerseits und Kaus / Orschler andererseits die Abtretung aller Ansprüche gegen Zahlung von 160.000 DM plus 105.000 DM in Raten zu 15.000 DM. Das heißt: Die Besitzverhältnisse bleiben die von 1936.

Die Situation verändert sich durch den Tod von Walter Marxsohn, geb. am 13. 12. 1904 in Groß-Gerau und gestorben am 23. 3. 1953 in New York. Der Erbschein auf Ellen Marxsohn, Witwe von Walter Marxsohn, Wohnsitz 1948, im Gründungsjahr des Staates Israel, in Jerusalem. Ellen legt zahlreiche Bankbelege des verstorbenen Ehemannes Walter aus dem Jahre 1939 vor und meldet daher Rückerstattungsansprüche in Form von Geldleistungen laut Erbfolge an. Am 29. 4. 1965 eröffnet die Oberfinanzdirektion Frankfurt ihren Widerspruch gegen die Depotaufstellung von Walter Marxsohn. Es habe nicht ohne weiteres eine Entziehung stattgefunden. Am 1. 7. 1965 wird das Verfahren als erledigt festgestellt. Der Erbschein gilt als beschränkt: Der verstorbene Walter Marxsohn ist von seiner Witwe Ellen Marxsohn, geb. Wohlgemuth, New York, zwar als Alleinerbin beerbt worden, eine Rückerstattung auf Grund der vorgelegten Unterlagen findet aber nicht statt.

1951 werden der Gesellschaftsvertrag zwischen der Witwe Hilde Orschler, ihrem nachgerückten Sohn Dieter und die Fa. Kaus-Orschler aufgelöst; ab jetzt heißt sie Unionbrauerei, Inhaber W. Kaus Groß-Gerau. Das Objektverzeichnis der Brauerei umfasst 34 Liegenschaften. Der Grundbuchauszug vom Nov. 1955 weist im Besitz der Inhaberschaft Kaus u. a. Helwigstraße (3), Frankfurterstr. 23, Frankfurterstr. 21, Schöneckenstr. 2, Mainzerstr. 13, Darmstädterstr. 131, Frankfurterstr. 93, 90, 92. aus

Zur Unionbrauerei Groß-Gerau gibt es einen Eintrag in Wikipedia.

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