Die erste Synagoge aus dem 17. Jahrhundert
In Groß-Gerau gab es drei Synagogen (siehe Stadtplan). Die erste bestand schon im Jahre 1620 und befand sich zwischen den Häusern des Barbiers Georgen und des Glöckners Philip Wolff (siehe Dokument). Eine genauere Lokalisierung ist nicht möglich. Im 30jährigen Krieg (1618 -1648), in dessen Verlauf ganz Deutschland zerstört wurde, wurde auch die am Ort bestehende Synagoge zerstört, aber eine Ruine verblieb an ihrem Platz. Einer Zeugenaussage zufolge, die ungefähr im Jahre 1660 von Thielmann Volhard, Nicolaus Berk, Hanns Nannemann, Tiel Kistner (allesamt Christen) gemacht wurde, stand die Synagoge zwischen den Häusern des Barbiers Georgen und des Glöckners Philip Wolff. In der Synagoge beteten Juden aus Gerau und Umgebung.
Im Juli 1660 richteten die Juden von Groß-Gerau (das war damals schon der Name der Stadt) an Landgraf Georg II. eine Bitte zur Erteilung einer Genehmigung, ihre Synagoge wieder zu errichten. Sie begründeten ihre Bitte damit, daß viele Juden einen Betraum benötigten. Der Landgraf erteilte den Juden die Genehmigung, obwohl sich ein höherer Beamter der Landgrafschaft, Superintendent Fentzer, dagegen aussprach. Dieser stützte sich dabei auf die negative Beurteilung der "Theologen" aus Gießen (aus der Obergrafschaft). Thronfolger Landgraf Ludwig VI. nahm zwei Jahre später (1662) diese Genehmigung wieder zurück. Er ließ sogar die Synagoge im nahe gelegenen Rüsselsheim schließen und vertrieb drei jüdische Familien aus Groß-Gerau, die sich in Pfungstadt niederließen. Die verbliebenen Juden aus Groß-Gerau mußten sich einen anderen Betort suchen, und zwar in den Ortschaften unter Mainzer Herrschaft, damit sie ihre Feiertage dort begehen könnten. Obschon die Juden aus Groß-Gerau ihren Gottesdienst im Hause des Jacob Götschel 1665 abhalten durften, wurde ihnen die Errichtung einer Synagoge erst Mitte des 18. Jahrhunderts ermöglicht.
Könnte hier irgendwo das Haus des Glöckners Wolff gewesen sein?
Dokument:
Bericht des Zentgrafen Heinrich May zu Groß-Gerau vom 2. August 1660 Mir berichten einige Männer "... dass vor ungefähr 40 Jahren undt vor dem Krieg, ein Bawgen [= Bauwerk] alhir zwischen Meister Georgen des Barbirers undt Philips Wolffen des jetzigen Glöckners Hauss gestanden, darinnen hetten nicht allein alle hiesige eingesessene sondern auch alle frembte Juden, so wohl inner - alss ausser Landes hieherumb, Ihre Synagog gehalten, durch das Kriegswesen aber, wehre sie in abgang kommen. (...) Dero Gestreng. Vest und Hochgegr. underthenig dinstschultiger undt gehorsamer Knecht Heinrich May, m.p." Bericht des Zentgrafen Heinrich May zu Groß-Gerau vom 24. Dezember 1663 "Was es mit hisiger hiebevor gewesenen und Anno 1660 wieder angerichter Judenn-Synagog vor ein bewandnus, Ist aus den 3 beygelegten Copieen gnedig zu ersehen; Dieser Synagog nun, gebrauchen sich die Grosengerauer 3 Juden, als Menle, so ein 60.jähriger Jud, vf 30 iahr alhier gewohnet, ein weib und 2 Kind, auch ein klein eigen Häusslein und ein geringes Krämlein hat, So dan Isaak, welcher von 40. Jahren, auch etwa in 12. Jahr alhir gewohnet, desgleichen ein weib und 5. klein Kinder und sein eigen Haus, auch einen feinen Kram, Frucht und Vihe Parthierung hat, Und dan Moises, der ein witmann mit 3. Kindern ist, und etwa 10. Jahre alhir gewonet ..." |