Walther-Rathenau-Str. 16 (früher 18)
Stolpersteinverlegung am 21.5.2016

Familie Guckenheimer im Stolpersteine-Guide

Historische Fotogalerie Guckenheimer

Historische Dokumente Guckenheimer

  Alter im
Jahr 1933
Schicksal Bemerkungen
Simon Guckenheimer
10.1.1832 - 5.9.1911
   

Firmengründer

Bruder von Aron Guckenheimer?

Grab auf dem jüd. Friedhof GG B3/20

Regina Guckenheimer
geb. Fuchs
   

Mutter von Adolf und Ludwig;
Ehefrau von Simon

Grab auf dem jüd. Friedhof GG

Adolf Guckenheimer
geb. 4.2.1877
56

1934 Flucht nach Frankfurt; deportiert am 22.11.41 nach Kaunas; dort ermordet 25.11.1941

Sohn der Firmengründer Simon und Regina;
Kaufmann und Mitinhaber der hier befindlichen Firma für Holz- und Baumaterialien;
verh. mit Settchen;
Bruder von Ludwig;
Geburtsurkunde Adolf

Info auf Shoah-Memorial-FFM

Settchen Guckenheimer geb. Hochstädter
geb. 24.10.1880
53 1934 Flucht nach Frankfurt; deportiert am 22.11.41 nach Kaunas; dort ermordet 25.11.1941

verh. mit Adolf

Info auf Shoah-Memorial-FFM

Erna Guckenheimer,
verheiratete Koch
geb. 2.5.1902
gest. 26.11.1926
  starb durch Suizid in Alzey

Tochter von Adolf und Settchen;
Grab auf dem jüd. Friedhof GG

Otto Koch
geb. 28.8.1897
36 ermordet 1938 in Buchenwald; ein Persilkarton mit angeblich seiner Asche wurde von Buchenwald nach Alzey geschickt; dort gibt es für ihn eine Grabstätte Ehemann von Erna;
In „lieber Martin“ Marx werden 1939 brieflich „Enkelchen“ von Adolf Guckenheimer erwähnt, deren Flucht nach England gelingt.
Ottos Eltern sind Ludwig Koch und Thekla Engel (1868-1944);
Otto Koch wohnte mit seiner Familie in Alzey.

Ruth Koch
verh. Veit
geb. 1925


Aufbau 16.1.1948

8

Ruth besuchte von Alzey aus eine jüd. Schule in Frankfurt/M; mit einem Kindertrasnport zusammen mit ihrer Schwester Liselotte nach England geschickt; später Flucht in die USA.
Die Informationen über Famile Koch entstammen einem Telefonat mit der 91jährigen Ruth im Februar 2016.

Tochter von Erna und Otto und Enkelin von Adolf und Settchen; lebt mit Ehemann Siegbert Veit in Illinois und hat zus. mit ihm in Berlin Kursfürstendammm Stolpersteine für Veit verlegt.
Sie meldet 1981 die Opferdaten ihrer Großeltern Adolf und Settchen nach Yad Vashem. In den Marxbriefen ist von einer Lieselotte Koch in USA und deren Blinddarmoperation die Rede 1940.

Ludwig (Louis) Guckenheimer
geb. 1873
gest. 27.6.1937

60 1933 Flucht nach Wiesbaden dann nach San Remo
Sohn der Firmengründer Simon und Regina; Kaufmann und Mitinhaber der hier befindlichen Firma für Holz- und Baumaterialien;
Bruder von Adolf;
verh. mit Rosa
Rosa Guckenheimer
geb. Grünbaum
geb. 9.2.1876
57

1934 unfreiwillig nach Wiesbaden verzogen; 1.9.42 deportiert nach Theresienstadt; dort ermordet 15.11.1942;
"Todesfallanzeige"

verh. mit Ludwig

Info auf Shoah-Memorial-FFM

Else Guckenheimer
geb. 28.6.1901
gest. 27.12.1962
32 Flucht aus Wiesbaden nach San Remo; danach Auswanderung nach Uruguay/Montevideo Tochter von Ludwig und Rosa;
seit 1922 verheiratet mit Hermann Levi (geb. 20.3.1893); lebte seit ihrer Heirat in Wiesbaden
Lucie Fanny Guckenheimer
verh. Levi (Loory)
geb. 20.1.1906
gest. 27.12.1962
27 1933 unfreiwillig verzogen nach Wiesbaden; danach 1937 nach San Remo; 1939 Flucht in die USA
Tochter von Ludwig und Rosa;
verheiratet mit Julius Levi, der den Namen Loory annahm;
siehe Todesanzeige
Julius Levi (Jules Loory)
später Jules Loory
geb. 13. 7 1894
gest. 22.5.1984 in Louisville
39 1933 unfreiwillig verzogen nach Wiesbaden; danach 1937 nach San Remo; 1939 Flucht in die USA
#
Ehemann von Lucie

Weitere Infos auf www.guckenheimer.de

Recherchen ergaben folgende Informationen über die Menschen und die Häuser, in denen sie wohnten:

Von Firmengründer Simon Guckenheimer gibt es diese Mitteilung aus dem Jahre 1906 an
Friedrich Kreuzer III., der in Berkach eine Zimmerwerkstatt und Kistenfabrik besaß:

Rechts eine Firmenanzeige aus dem Jahr 1927

Was wurde aus den Guckenheimers, die schon früh Groß-Gerau verlassen haben, um in Wiesbaden und Frankfurt Zuflucht zu suchen?

Adolf lebte bis 1934 in Groß-Gerau und betrieb zusammen mit dem Bruder Ludwig eine Baustoffhandlung. Er wurde nach dem Umzug von der Hermannstraße 4 in die Scheffelstraße 7 und Eschersheimer Landstraße 39 (ein sogenanntes Judenhaus) von Frankfurt aus am 22. 11. 1941 zusammen mit seiner Frau Settchen in der dritten großen Deportation nach Riga verschleppt. Der Transport wurde jedoch nach Kowno (Kaunas) umgeleitet, wo die Eheleute am 25. 11. 1941 ermordet wurden. Ins Gedenkblatt des Bundesarchivs wurden beide von der Enkelin Ruth Veith, geb. Guckenheimer eingetragen.

Die Tochter Erna besuchte die Höhere Bürgerschule in Groß-Gerau. Rosa Guckenheimer, geb. Gruenebaum, verheiratet mit Louis, starb im Alter von 66 Jahren im KZ Theresienstadt. Der in den Verträgen genannte Julius Levi hatte seinen Wohnsitz ebenfalls in der Rathenaustraße 18 und ist vielleicht der Ehemann einer der Töchter von Guckenheimers. In welcher verwandtschaftlichen Beziehung Lucie Levi, jetzt Loory, geb. Guckenheimer, im New York der Nachkriegszeit lebend, steht, ist nur zu vermuten, vielleicht ist sie die Ehefrau von Julius Levi, jedenfalls eine geborene Guckenheimer.

Ludwig Guckenheimer und seine Ehefrau Rosa, geb. Grünebaum und Adolf Guckenheimer und seine Ehefrau Settchen, geb. Hofstädter erwerben die Hofreite in der Ringstraße (danach Walther-Rathenau-Straße, danach Adolf-Hitler-Ring, danach wie während der Weimarer Republik) mit 1200 qm im Jahre 1902. Bereits am 3. 10. 1933 erscheinen Ludwig Guckenheimer, Wiesbaden, Emserstraße 36 mit Ehefrau Rosa, Adolf Guckenheimer, Frankfurt a. M., Scheffelstraße 25, zusammen mit Ehefrau Settchen sowie Julius Levi, ebenfalls in Wiesbaden, Emserstraße wohnhaft, beim Notar, um einen Kaufvertrag mit Otto Wilhelm Horst, Darmstadt, Peter-Gemeinder-Straße 17 und Ernst Nikolaus Horst, Goddelau, Bahnhofstraße abzuschließen. Verkauft werden außer der Ringstraße (= Adolf-Hitler-Straße 18) Bauplätze in der Schillerstraße. Levi verkauft zusätzlich einen Acker „zwischen Gernsheimer und Berkacherstraße“ (Baugelände), insgesamt zu einem Kaufpreis von 40.000 RM, rückwirkend zum 1. 10. 1933. Nach Weihnachten 1933 weist der Notar darauf hin, dass eine Meldepflicht „hinsichtlich verdächtiger Grundstückveräußerungsgeschäfte“ für nicht arische Verkäufer nicht rückwirkend gelte. Er persönlich habe aber nichts gegen eine Erinnerung, falls das Grundbuchamt eine entsprechende Meldung benötige. Guckenheimers wohnen bereits am 17. 10. 1933 fest in Frankfurt bzw. Wiesbaden.

Im Rückerstattungsverfahren meldet sich die Jewish Restitution Successor Organization im Mai 1950 und will Einsicht in die Grundbucheintragungen zum Kaufvertrag vom 3. 10. 1933. Zu diesem Zeitpunkt tauchen die Brüder Horst schon nur mehr als Zwischeneigentümer für einen Teil der 1933 erworbenen Objekte auf. In einem weiteren Kaufvertrag bei RA Dr. Kraft einigen sich die Brüder Horst auf einen Vorkaufsrechtevertrag, in dem u. a. die Ringstraße mit 1200 qm von Otto Wilhelm Horst, Darmstadt, für seinen Bruder Ernst Nikolaus Horst und dessen Erben für das Handelsgeschäft a) in Groß-Gerau b) in Goddelau gesichert wird.

Am 17. 7. 1949 erfolgt die Vermögenssperre für die Walther-Rathenau-Straße 18 und die Schillerstraße 4-8, die Elisabethenstraße 22. Das Wiedergutmachungsverfahren wird eingeleitet, betrieben von der JRSO für Ludwig, Rosa, Adolf und Settchen Guckenheimer gegen die Brüder Horst. Am 31. 7. 1950 werden als jetzige Grundstückseigentümer Lucie Levi, jetzt Loory, geb. Guckenheimer nach Ludwig und Adolf Guckenheimer und Levy für sich und Miterben benannt.

Am 26. 9. 1952 wird die Rückerstattung durch Vergleich der Kontrahenten als erledigt gemeldet. Ernst Nikolaus Horst ist am 5. 7. 1957 verstorben; er war verheiratet mit Klara, geb. Winau. Otto Werner Horst und Werner Horst, wohnhaft in der Walther-Rathenau Straße 16 einigen sich auf die Übertragung von drei Grundstücken im Gesamtwert von 160.000 DM vom Vater (Otto W.) auf den Sohn (Werner)

Außerdem finden sich Grundbuchakten unter Adolf Guckenheimer, Frankfurt, Hermannstraße 4, und zwar ein Kaufvertrag mit Philipp Peter Ruckelshausen, Groß-Gerau, Stollgasse 7, mit Bevollmächtigung durch Ludwig Guckenheimer, Wiesbaden, Emserstraße 36, bezüglich des Objekts Grundbuch 1677, Flur X, Nr. 19, Acker = Neuwieshecke, 2344 qm über 800 RM unter dem Datum vom 17. 4. 1937. Die Veräußerungsvollmacht des Ludwig Guckenheimer, Wiesbaden, an Adolf Guckenheimer, Frankfurt, datiert vom 30. 3. 1937. Philipp Peter Ruckelshausen kauft zur Versorgung für seine minderjährige Tochter drei Grundstücke von Guckenheimer, Sensfelder und Mischlisch.

Ebenfalls in der Grundbuchakte unter Adolf Guckenheimer findet sich eine Anforderung der Jewish Restitution Successor Organization vom 22. 5. 1950: Erwünscht sind Grundbuchauszüge über Objekte, die früher im Eigentum von Adolf Guckenheimer waren, jetzt aber in dem von Heldmann II, Wilhelm und Otto Horst sind. Bezug ist ein Kaufvertrag vom 23. 6. 1936, in dem Otto Wilhelm Horst und Ernst Nikolaus Horst einen Grabgarten (Bd. 30, Bl. 2080, Nr. 1 Flur 18, Nr. 109 96/100) über 279qm an Wilhelm Heldmann und dessen Ehefrau Dorothee, geb. Metzler, Groß-Gerau, verkaufen.

Erklärungsbedarf bleibt bezüglich des Schicksals von Ludwig Guckenheimer. Dass er am 27- 6- 1937 in San Remo verstarb, geht aus dem folgenden Vertrag seiner Witwe mit der Stadt Groß-Gerau hervor:

Aus dem Grundbuch Groß-Gerau XXVI Bl. 1677, Pl. V Nr. 105 ist ein Kaufvertrag vom 10. 10. 1939 bekannt zwischen Adolf Guckenheimer, jetzt Adolf „Israel“ in Frankfurt a. M., Hamannstraße 4, und seiner Schwägerin Rosa „Sara“ Guckenheimer, geb. Grünebaum, der Witwe des Bruders von Adolf Ludwig Guckenheimer, Wiesbaden, Emser Straße 36 und dem Groß-Gerauer Bürgermeister Götz, Nachfolger Stavinogas, für die Stadt. Die Stadt erwirbt von Guckenheimer für 2236 RM den „Acker am Weidlicher Weg“, Übergabe zum 15. 11. 1939. Von dem Betrag werden 450 RM als „Ausgleichsabgabe zugunsten des Reiches“ eingezogen laut Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. 12. 1938, wie der Reichsstatthalter in seiner Genehmigung des Vertrages feststellt. Die Witwe Rosa legt einen Erbschein nach Louis Guckenheimer vor, wonach dieser am 27. 6. 1937 in San Remo verstarb.

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Erinnerungstafel in Frankfurt/M, Günthersburgallee 79. Dieses Haus war Eigentum der Guckenheimers bis sie es Ende 1938 verkaufen mussten.

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