Mainzer Straße 22 (frühere Nr. 24)
Mainzer Straße 29 (frühere Nr. 31, "Scharfrichterhaus") |
Mainzer Straße 18 (frühere Nr. 20) |
Die Goldbergers waren eine Familie mit eher geringerem Einkommen und wohnten daher immer als Mieter, aber an verschiedenen Stellen in der Mainzer Straße. Zuerst sind sie im Hinterhaus der Mainzer Straße 20, heutige Nr. 18, aus dem Adressbuch von 1926 belegt. Danach lt. Adressbuch 1931 in der Mainzer Straße 31, heutige 29, dem sogenannten Scharfrichterhaus. Die Deportation über Darmstadt fand aus dem Haus Nr. 24 in der Maizer Straße statt, die heutige Nr. 22 trägt, so das Adressbuch von 1939. Eigentümer des sog. Scharfrichterhauses war damals die Familie Sperling, Eigentümer der Nummer 24 war damals der ledige Bauer Engeroff. Auf der Webseite des Scharfrichterhauses wird an Familie Goldberger erinnert. Die Identifizierung des Hauses Mainzer Str. 29 geht zurück auf die Erinnerung der Zeitzeugin Anna Goldberger aus den 1980er Jahren. Eine Überprüfung führte zu keiner Ergebnissicherung. Anna Goldberger war die nichtjüdische Ehefrau von Ludwig Goldberger. Er und nach seinem Tod seine Frau kümmerten sich um die Pflege des Groß-Gerauer jüdischen Friedhofs. |
Zustand des Hauses Mainzer Str. 22 (um 1945), aus dem die Deportation der Goldbergers erfolgte. |
Stolpersteinverlegung am 30.5.2014
Historische Fotogalerie Familie Goldberger
Familie Goldberger im Stolpersteine-Guide
Hier wohnte | Alter
im Jahr 1933 |
Schicksal | Bemerkungen | |
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Moritz Goldberger geb. 5.8.1878 |
55 | Deportation 1940 ins KZ Sachsenhausen; ermordet 22.8.1940 |
Mitglied des israelitischen Friedhofsverbandes; sein Name taucht auf in "Denkzeichen Güterbahnhof", weil aus Darmstadt deportiert |
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Auguste Goldberger geb. Rohrheimer geb. 18.3.1889 |
44 | Deportation 1940 nach Ravensbrück; ermordet 7.3.1942 |
Ehefrau von Moritz; Name taucht auf in "Denkzeichen Güterbahnhof", weil aus Darmstadt deportiert. Externer Link auf HADIS zur Heiratsurkunde Goldberger |
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Siegfried (Sigi) Goldberger geb. 30.7.1914 gest. 20.7.1993 |
19 | Flucht in die USA im Oktober 1937 |
Sohn von Moritz und Auguste. Grab von Siegfried Goldberger auf dem King David Friedhof New York; Er hatte am 31. 12. 1939 nach seiner Flucht Getrude Silber geheiratet. | |
Ludwig Goldberger geb. 1.8.1919 gest. 2.1.1996 in Groß-Gerau |
14 | Flucht |
Sohn von Moritz und Auguste; Bruder von Siegfried;
kehrte als einziger Jude nach 1945 nach Groß-Gerau zurück;
beerdigt auf dem Groß-Gerauer jüdischen Friedhof |
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Hannchen Wolff geb. Marx geb. 10.5.1849 gest. 28.2.1937 |
84 | weitere Infos hier |
"Ludwig Goldberger war ein fröhlicher Junge, bester Fußballer der Jugendmannschaft des VfR Groß-Gerau. Nach seiner Schulentlassung ergriff er in Mainz das Installateurhandwerk. Inmitten seiner körperlichen und geistigen Entwicklung wurde dieser Junge als „Jude" vom Sportplatz verjagt, in der Fortbildungsschule gemieden und während der Fahrt zur Lehrstelle nach Mainz durfte er im Zug keinen Sitzplatz benutzen. Er mußte seine Lehre abbrechen und sein Lehrmeister mußte ihn entlassen, da dieser laut Innungsbeschluß keine Juden beschäftigen durfte. Sein Vater, Moritz Goldberger, fuhr an Samstagen oft mit dem Fahrrad nach Geinsheim oder in den Südkreis, um als frommer Jude die Kopfzahl der dortigen Gemeinden auf 10 Personen zu bringen, damit diese kleinen Judengemeinden auch Gottesdienst halten konnten. Wenn „Not am Mann" war, mußten die beiden Goldberger Buben (Ludwig und Siegfried) mit übers Land und später um so mehr, als die ersten jüdischen Gemeindemitglieder Deutschland verließen. Moritz Goldberger wollte wenigstens seinen beiden Söhnen die Ausreise aus dem nationalsozialistischen Deutschland ermöglichen. Die Brüder Ludwig und Siegfried Goldberger überlebten als einzige der Familie die NS-Zeit. Alle anderen 32 Familienangehörigen, d. h. die übrige Familie, wurden in den verschiedenen Konzentrationslagern umgebracht. Sieben Jahre nach seiner Deportation stand Ludwig Goldberger [1945] vor seinem Geburtshaus praktisch als Fremder, als ein Nichts. Alles, was er besaß, trug er in einem Seesack bei sich. Seine Familie wurde nach der Deportation getrennt. Sein Vater verstarb am 22.8.1940 als Versuchsobjekt für Injektionsspritzen im Konzentrationslager Sachsenhausen, und seine Mutter am 7.3.1942 im Konzentrationslager Ravensbrück. Hinter Ludwig Goldberger lag eine schreckliche Odyssee: Flucht aus dem KZ Buchenwald, Zuflucht bei Verwandten auf dem Balkan, Flucht vor dem Einmarsch deutscher Truppen auf dem Balkan nach Italien, Verhaftung und Haft in einem italienischen Internierungslager, Übernahme des Lagers durch englisches Militär und aktiven Dienst (erzwungen) in einer kämpfenden englischen Einheit, Entlassung im Juni 1945. Rückkehr nach Groß-Gerau, fremde Menschen in der elterlichen Wohnung. Verlust der gesamten Familie (32 Menschen vergast, erschossen und umgebracht in deutschen Konzentrationslagern). Ludwig Goldberger hatte sich von der ungeheuren seelischen Last bis zu seinem Tod 1996 nicht erholt." (Text aus Schleindl, S. 164)
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Artikel im „Aufbau“ New York, USA am 6. Juli 1990 An Honor — Well Deserved PS.: Sigi Goldberger alludes to the time in the late thirties/early forties when Sterling Oval, Croke Park, Wingate Stadium, Van Cortlandt Park were the sites of weekly soccer rivalries. An ever dwindling lot of Aufbau readers surely remembers those booters proudly sporting the colors of Maccabi, Prospect Unity, New World Club, Hakoah, Newark, Bronx Jewish and Brooklyn Jewish Soccer Clubs. Engaged in spirited tension-packed matches, the scrappy competitors enjoyed the loyal support of thousands of enthusiastic fans. Thus — if only for a few fleeting Sunday afternoon hours — they became somehow distracted from their deep concerns over the uncertain fate of loved ones left behind in Nazi-infested Europe. Alas, amidst such uneases and apprehension, one could always count an a Sigi Goldberger to provide his special brand of comic relief. The kind popularized by Al Schacht or Yogi Berra. — Today, we deem ourselves privileged to recount the special honor accorded to Mrs. Anna Goldberger as related in the Gross-Gerauer Tageblatt (September 29, 1989): Hohe Wertschätzung „Deshalb ist es wichtig, das Gedächtnis an die jüdischen Mitbürger wachzuhalten. Der jüdische Friedhof dient dazu auch als Mahnmal“, sagte Hohl. Anna Goldberger vollbringe diese grosse Leistung und komme ihrer selbstgewählten Verpflichtung uneigennützig und selbstlos nach. — Landesrabbiner Chaim Lippschitz sagte: „Wir haben hier Worte gehört, die aus dem Herzen kamen. Es wird eine Christin geehrt, die sich der menschlichen Tat verpflichtet hat, jüdischen Menschen zu helfen und die Erinnerung wachzuhalten“. Footnote: Rabbi Lippschitz is the spiritual leader at Darmstadt's Jüdische Gemeinde. Its beautiful synagogue was inaugurated an November 9, 1988 — the 50th anniversary of Kristallnacht. Amongst the invited guests, my wife Margie and I shall forever cherish the day as a significant milestone in our lives. Dr. Eric Stoerger |