Hier wohnte | Alter
im Jahr 1933 |
Schicksal | Bemerkungen |
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Isaak Guthmann 10.7.1859 - 28.11.1928 |
- | Kaufmann; sein Leder- und Textilgeschäft existiert schon seit 1891; verh. mit Settchen, Vater von Siegfried und Mathilde | |
Settchen Guthmann geb. Flörsheimer 12.10.1865 - 14.7.1932 |
- | Ehefrau von Isaak Doppelgrab auf dem jüd. Friedhof GG |
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Siegfried Guthmann geb. 30.7.1906 |
27 | im Mai 1935 Flucht in die USA | Sohn von Isaak und Settchen |
Kathi Guthmann geb. Loewi geb. 22. 6. 1906 in Adelsdorf |
27 | mit Siegfried zusammen Flucht in die USA | Ehefrau von Siegfried Guthmann; Heirat am 6. 12. 1934 in Groß-Gerau; teilt 1975 die Änderung ihres Namens von Guthmann in Loewi mit |
Mathilde Guthmann geb. 6.6.1899 |
34 | im Juni 1938 Flucht in die USA | Tochter von Isaak und Settchen. Todesanzeige im Aufbau 1979:
We deeply moan the passing of our dear Mathilde Guthmann (formerly Gross-Gerau/ Hessen) who died after a long illness on August 28 1979 at the age of 80. Her relatives and friends. |
Flora Guthmann |
38 | am 19. 10. 1936 nach Frankfurt, Kaiserstraße 57 verzogen | Angestellte |
Karl Hartogsohn |
28 | deportiert 1941 ins Getto Minsk | Religionslehrer in GG von Sept. 33 bis Sept. 36; weitere Infos hier |
Martha Lindenberger geb. Guthmann geb. 1. 11. 1892 in Groß-Gerau |
41 | am 30. 5. 1938 Flucht in die USA | Witwe von Raphael Lindenberger |
Robert Lindenberger geb. 24. 2. 1920 in Alzenau |
13 | am 30.5.1938 Flucht nach USA | Lehrling, Sohn von Martha Lindenberger |
Otto Nussbaum |
27 | ermordet in Buchenwald | Kaufmann, Eltern: Moses Nußbaum, Lehrer, und Adelheid geb. Gutmann, Bad Kissingen, von Mainz nach Memmingen 13.8.1936, nach Berlin 1.4.1938, emigriert nach Frankreich und Monaco, deportiert 15.8.1944 vom Sammellager Drancy nach Buchenwald (Quelle S. 46) |
Stammbaum der Familie Guthmann (gelb markiert sind Personen aus obiger Tabelle)
Recherchen ergaben folgende Informationen über die Menschen und die Häuser, in denen sie wohnten:
Anzeige aus dem Jahr 1927 Siegfried Guthmann besucht bis zu seinem 15. Lebensjahr von 1915-1920 die Realschule in Groß-Gerau, die heutige Prälat-Diehl-Schule. Das Abschlusszeugnis weist am 19.3. 1921 die Noten 4 in Deutsch, 4 in Geschichte, 4 in Turnen aus, der Schulleiter ist Direktor Lettermann, der Klassenlehrer heißt Colin. Von Siegfried liegt auch das Entlassungszeugnis der Städt. Handelsschule vom 31. 1. 1922 vor. Sein Vater Isaak stirbt, als Siegfried 22 Jahre alt ist. Seine Mutter Settchen führt das 1891 gegründete Leder- und Textilgeschäft bis zu ihrem Tod 1932. Danach geht das Geschäft auf Siegfried über, der es jedoch nach Boykottmaßnahmen aufgibt. Am 6. 12. 1934 heiratet er in Groß-Gerau Kathi Loewi, geb. am 22. 2. 1906 in Adelsdorf. 1935 wandert er nach Amerika aus und kommt am 17. Mai in New York an. In den Jahren bis 1943 dient er in der US-Army und wird honourably discharged. Siegfrieds Schwester Mathilde führt inzwischen das Geschäft, meldet es jedoch bereits am 29.12.1936 ab. Vor 1933 lag das Jahreseinkommen bei 8000 bis 10000 Reichsmark, was auf einen hohen Lebensstandard der Familie schließen lässt. Mathilde, die bis 1913 die Höhere Bürgerschule besucht hat, wandert am 6.6.1938 aus. Ihr späterer Antrag auf Kostenersatz für Auswanderung und Entschädigung wegen Geschäftsaufgabe wird am 4.7.1962 abgelehnt mit der Begründung, es läge kein good-will-Verlust vor. Das bedeutet, dass Guthmanns keinen über den Substanzwert hinaus gehenden Boykott-Verlust erlitten hätten, der im Bekanntheitsgrad, Ruf und in der Kundentreue des Unternehmens ideell besteht, aber normativ nicht geregelt ist. Im Rückerstattungsverfahren kommt es am 17.9.1958 zu einem Vergleich mit dem Land Hessen, der zu einer Erstattung von 100 DM (!) führt. Gewährt wird Mathilde lediglich eine Rente „wegen Schaden im Beruf“. Über die Familie Guthmann nach der Auswanderung Siegfrieds 1935 gibt auch der Kaufvertrag vom 16. 12. 1937 Auskunft, der zwischen Martha Lindenberger, geb. Guthmann, Witwe von Raphael Lindenberger, Groß-Gerau, Am Burggraben 4, Fräulein Flora Guthmann, damals Kaiserstraße 57 Frankfurt a. M. und den Eheleuten Friedrich und Katharina Walter in Groß-Gerau geschlossen wurde. Auch der Kaufmann Julius Kahn, Darmstädterstraße 12 ist Vertragspartner, weil zu seinen Gunsten eine Grundschuld über 4000 RM zu löschen ist. Der Magistrat Groß-Gerau bescheinigt unterschriftlich durch Bürgermeister Lüdecke 1959, dass die Lederhandlung am 12. 4. 1935 und das Textilgeschäft am 29. 12. 1936 durch die Schwester Siegfrieds abgemeldet wurde. Später war dort die Fahrrad-Reparaturwerkstatt durch Fritz Walter und dessen Schwiegersohn Walter Teppich. Für den Verkauf hatten Siegfried Guthmann und seine Ehefrau Kathi, geb. Loewi bereits am 11. 12. 1934 vor ihrer Auswanderung eine Generalvollmacht für die noch zurückbleibende Witwe Frau Martha Lindenberger, geb. Guthmann, erteilt. Der Kaufpreis betrug 8500 RM. Eine kurzfristige von den Alliierten verhängte Vermögenssperre auf den von Schlossermeister Walter erworbenen Burggraben 4 wird am 17. 1. 1948 aufgehoben. Trotzdem fordert am 13. 10. 1949 die Jewish Restitution Successor Organization ( JRSO) der US Army am 13. 10. 1949 einen Grundbuchauszug zu Bd. 31, Bl. 2124 rückwirkend vom 30. 1. 1933 an. Das 1937 erworbene Grundstück wird 1958 weiter übertragen. Der Vorwurf, sich an Arisierungsmaßnahmen beteiligt zu haben, trifft auf die Eheleute Walter nicht zu, da sie, wie eidesstattlich erklärt, nicht Mitglieder der NSDAP waren. |